Sport tut gut weh

Wir sind etwas still momentan. Zum einen liegt es daran, dass wir seit dem Umzug noch kein Internet haben (mit der unzulänglichen Kundenbetreuung bestimmter Internetanbieter könnten wir Bücher füllen), zum anderen daran, dass uns dieses Leben eine Menge abverlangt derzeit und wir kaum die Kraft aufbringen auch noch darüber zu schreiben. Die Feiertage machen uns arg zu schaffen, in einigen Tagen ist der Geburtstag, verbunden mit anderen wichtigen Tagen. Der Druck ist einfach enorm hoch.
Die Psyche spielt verrückt und einige von uns hat es, man hofft nur kurzzeitig, in eine Art Bewustlosigkeit befördert.

Anderes, wohl gutes und eigentlich Inhalt sollte sein, der Sport. Seit dem Umzug wird wieder aktiv Handball gespielt. Die Kondition ist besser als erwartet und auch sonst kommt man gut wieder rein. An zwei Spielen wurde bereits wieder teilgenommen, mit steigender Spielzeit. Nur über die Position wird noch mit dem Trainer verhandelt. Er hätte mich gern auf einer Außenposition wegen meiner Schnelligkeit, dem  guten Wurf und der schnellen  Reaktion. Ich möchte wieder auf einer Halbposition spielen, das liegt mir mehr und da fühl ich mich sicher. All die Jahre in denen ich gespielt habe war das immer meine Position.
Mein Trainer versucht mich zu überzeugen indem er mich immer wieder nach Außen stellt und jedes Tor mit “ und sojemand möchte nicht außen spielen“ und ähnlichem kommentiert. Jetzt liegt es an mir ihm zu beweisen, dass ich auf der Halbposition noch mehr erreiche. Eine andere Damenmannschaft des gleichen Vereins hätte mich auch gern als Spielerin, dort gucke ich mir die Aufstiegsspiele an und entscheide dann. Bei beiden Mannschaften fühle ich mich echt wohl. Es ist verrückt das sie überhaupt wollen das ich für sie spiele. Nachdem ich so lang aussetzen musste ist meine Leistung noch weit von meiner möglichen Leistung entfernt und trotzdem. Bis zum nächsten Saisonanfang kann ich mich wieder fit machen und dann entscheiden für wen ich spielen möchte. Bis dahin lass ich die Trainer sich noch streiten 😉

Das Training ist insgesamt bestimmt gut aber der Körper macht nicht so gut mit. Während dem Training oder den Spielen scheint er kein Problem darzustellen. Danach dafür um so mehr. Wir können nicht mehr unterscheiden woher welcher Schmerz kommt, ob er real ist oder nur Erinnerung. Der Körper schmerzt überall, jeder Schritt ist eine Qual und kein Ausweg ist in Sicht. Die wenigen bekannten, helfenden Mittel haben wir aus finanziellen und verschreibungspflichtigen Gründen grad nicht Daheim. Das bedeutet aushalten… aushalten… irgendwie aushalten.

Das Leben wirkt unecht und fremd auf uns. Ohne Anker, ohne Halt im ständigen Strudel und Überlebenskampf zeigt uns der Körper seine Grenzen. Scheiß Schmerzen! Wir können nicht mehr!

Peinlich aber wahr, die Scheinwelt bricht ein…

Wow! Heut ist ein heftiger Tag, wahnsinnig anstrengend und schwierig. Ja, wirklich schwierig, denn hier passieren Sachen… oh man!

Durch unsere Beziehungsprobleme an allen Ecken, sind wir sehr unsicher und allein unterwegs. Versuchen uns abzulenken mit irgendwelchen Tätigkeiten, funktionieren ein bisschen, leider nicht ausreichend.

Heute haben wir ungefähr fünf Stunden unser Bad geputzt, fertig ist es noch immer nicht, morgen wird weiter gemacht, zumindest ist die Hoffnung da, dass es auch morgen funktioniert. Zu tun gibt es genug.

Wir mussten uns ablenken, hatten für den Abend einen Termin bei unserer Therapeutin. Der zweite nach ihrem Urlaub. Irgendwas hat sich geändert, wir haben etwas geändert. Versuchen die Beziehung wieder auf eine therapeutische Ebene zu bringen. Keine SMS mehr schreiben, das ist nicht ihr Job. Klar machen, dass sie Therapeutin ist. Nicht Mama, nicht Freundin, nicht irgendwas anderes… nur Therapeutin. Ist nicht ihr Job ständig erreichbar zu sein.
Wir fühlen uns schlecht, denn wir haben zugelassen, dass mehr gemögt wird als gut ist. Das wichtig wurde, was nicht so wichtig werden darf. Sie ist nur unsere Therapeutin. Das wurde so bewusst in der ersten Woche ihres Urlaubs, dass da einfach zuviel ist. Dissoziation hat geholfen die Zeit zu überstehen.

Und jetzt? Wir benehmen uns einfach nur komisch. Kapseln ab, weil all das nicht sein darf. Es wird weggedisst was nicht sein darf, was zuviel ist.

Innerlich schreit, heult und begreift es nicht was hier passiert und tatsächlich begreift es keiner so richtig. Zumindest hab ich so das Gefühl, dass eigentlich keiner so genau weiß, warum wir uns gerade so verhalten wie wir es tun.

Dann in der Therapiestunde waren wir doch recht… joa… wechselhaft… durcheinander…

Und dann, keiner weiß warum, schiebt sich jemand mit vor, berührt den Körper so, dass die Therapeutin verlegen reagiert, wegschaut, zu einem späteren Zeitpunkt drauf anspricht. Wir habens nicht mitbekommen, ging völlig an uns vorbei. Scham, wie konnte das passieren und vor allem warum??? Was wollte man damit erreichen?

Jetzt schreib ich darüber, über eine Sache für die ich/wir mich/uns sehr schämen, die uns verunsichert und ängstigt. Ganz schön intim und unangenehm hier darüber zu schreiben aber dennoch möchte ich es.

Dazu verleitet hat mich eine Mail die wir heute bekamen. Sie hat uns sehr bewegt, denn es wurde sich für unseren Beitrag Die verbotene Sehnsucht bedankt. Dafür, dass wir darüber geschrieben haben.
Auch das ist ein schwieriges, von Scham besetztes Thema. Eins das man lieber nicht anspricht, denn keiner will es wirklich hören und nur wenige können es nachvollziehen und verstehen.
Es fällt uns nicht leicht darüber zu schreiben, es löst viel aus, verstößt gegen sämtliche Regeln und Gebote aber auch das ist ein Teil von uns. Etwas das uns schwer fällt zu akzeptieren, denn keiner hat gern Personen/Anteile in sich, die unangemessen verhalten.
Es macht es nicht leichter zu wissen, dass in uns noch viel mehr brodelt und nur die Ausläufer das Außen erreichen.

Genau das ist aber einer der Gründe warum wir dieses Blog schreiben, wir möchten über die Dinge sprechen/schreiben die da sind. Dazu gehören auch die Teile dieses Lebens, die anders sind als meine. Auch die, für die ich mich schäme, deren Verhalten ich nicht verstehe oder lieber einfach abschaffen würde.

Irgendwie müssen wir lernen das alles auf einen gemeinsamen Weg zu bringen, möchten lernen auch die zu akzeptieren, die mir so fremd sind.

Gerade schämen wir uns unglaublich für dieses Verhalten in der Therapie und noch wissen wir nicht, wie wir es schaffen den nächsten Termin wahrzunehmen und nicht vor Scham zu versinken… aber irgendwie zeigt es so deutlich gerade unsere Schwächen und das kann ja auch eine Chance sein…

Nach der Therapie… wir waren erst eineinhalb Stunden später Zuhause. Wo wir in der Zwischenzeit waren, wissen wir nicht. Da lief etwas schief.
Danach dann verzweifeltes heulen, warum nur sind wir so? (ja ich kenn die Antwort, trotzdem scheiße!)

Schließen wir für heute ab, versuchen es erneut als eine Chance zu sehen, etwas verändern zu können. Das geht ja auch erst ab dem Moment wo man überhaupt weiß was da so passiert. Soviel Realität kann einem den Boden wegreißen. Soviel Wahrheit ist schwer zu ertragen. Amnesie für die Amnesie ist wohl gerade auch irgendwie… joa… dachte ich doch ich würde viel mehr mitkriegen, hätte einen Überblick oder so… absoluter Irrglaube. Wir müssen uns neu organisieren, unsere Scheinwelt bricht so langsam aber beständig ein…

Mehr als nur eine Erinnerung oder eine Emotion

Es ist immer wieder interessant, von anderen Systemen zu erfahren, wie sie sich erleben. Sicher ist es kaum anders als bei nicht Multiplen jeder nimmt sich auf andere Art und Weise wahr.
Diesmal fühlen wir uns gedrängt etwas zum Thema Persönlichkeiten/Innenpersonen/Anteilen zu schreiben. Unsere Sicht, unser erleben mitzuteilen.
Was zunächst daraus abzuleiten ist, das in einem anderen Blog vermutlich über uns geschrieben wurde. Nicht direkt, lässt sich aber ableiten und wenn nicht haben wir halt nen kleinen Hau, fällt auch nicht mehr auf 😉
Grundsätzlich gibts da gar nichts zu meckern, allerdings erleben wir uns anders als dort beschrieben, können uns nur in Teilen damit identifizieren und haben das Gefühl uns erklären zu müssen/ wollen.
Wahrscheinlich werden wir es nicht schaffen, es so ausführlich und umfassend zu schreiben, wie wir es uns eigentlich vorgenommen haben. Denn wir hatten schon länger vor etwas zu schreiben über Innenpersonen, Facetten, Splitter und was es da sonst noch alles gibt.
Wir sind mehr als nur eine Emotion oder ein Erlebnis. Nicht jeder, deshalb lässt sich auch nicht jeder abgespaltene Anteil als Persönlichkeit bezeichnen. Ich als eine von vielen hier, bin durchaus in der Lage Emotionen zu empfinden, „gute“ Emotionen wie Freude, Zufriedenheit, Liebe und auch „schlechte“ Emotionen wie Wut, Ärger, Angst, Hass usw. Ich bin nicht nur eine Erinnerung an einen Akt des Missbrauchs, ich habe eigene Ecken, Beulen, Facetten, Kanten. Ich kann nett sein, kann aber auch wütend sein, traurig oder enttäuscht.
Das gilt nicht nur für mich, die Innenperson die das hier schreibt, sondern für viele viele andere hier ebenfalls. Und wir gehen unterschiedlich mit dem Erleben bestimmter Gefühle um, so wie es auch unterschiedliche Leute in zwei unterschiedlichen Körpern tun würden. Manchmal gibt es parallelen, Ähnlichkeiten im Denken und Handeln, manchmal überhaupt nicht.
Wenn dann jemand kommt und sagt, „Du bist die, die immer so freundlich ist und lächelt.“ oder „Du bist also die, die alles organisiert!“ oder auch „Du bist also der Beschützer.“, fühlt sich das falsch an!
Ich bin nicht nur die Fassade die ich nach außen trage,  A. ist nicht nur der böse Beschützer, der jeden umlegt der uns was will, N. ist nicht nur die, die so toll zuhören und helfen kann, L. ist nicht nur das kleine fröhlich rumspringende Mädchen. Nein, jeder von uns ist ein facettenreiches Ich.
Dann gibt es da noch so etwas was wir eher als Splitter bezeichnen. Das sind Anteile die ausschließlich an ein Erleben gekoppelt sind oder an eine bestimmte Emotion. Auch Emotionsträger oder Erinnerungsträger genannt. Teile der Gesamtperson die keine eigene Identität entwickelt haben, die fest gebunden sind an das Erlebte. Ein Teil der, als Beispiel, nur wahnsinnige Wut enthält, zählt in unserem Erleben nicht als Persönlichkeit, könnte kein eigenes Leben führen, besitzt keine große Substanz.

Nachdem wir heute über einen Link ein Video von einer Multiplen gefunden haben, waren wir erstmal begeistert, weil wir es grundsätzlich absolut gut, stark und mutig finden, sich so in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dazu das Video anzugucken kamen wir nicht mehr, nachdem wir den Text zu der Sendung gelesen haben. Da stand unter anderem das betreffende Multiple dreihundertirgendwas Personen ist und sie dementsprechend dann wohl dreihundertundirgendwas mal missbraucht wurde. Pro Person sozusagen ein Missbrauch. Da stellen sich uns die Nackenhaare auf, wir sehen schon wieder wie man in den dort genannten Selbsthilfeforen, sich gegenseitig wieder hochpuscht. Na, wer hat denn nun am meisten Innenpersonen und das Schlimmste erlebt/überlebt?
Die Anzahl der Innenpersonen hat gar nichts damit zu tun wie häufig wir missbraucht und gequält wurden, sondern ausschließlich darüber, wie oft unsere Psyche es zum überleben notwendig hielt zu spalten. Das kann genauso gut in einer einzigen Missbrauchssituation sein, das zehn Personen abgespalten werden, in einer anderen vielleicht keine, weil es schon jemanden gibt, der das tragen kann. Das ist bei jedem unterschiedlich. Steckt man zwei Kinder in genau die gleiche Situation von Missbrauch und Gewalt, spaltet das eine Kind vielleicht ab, das andere wiederum gar nicht, zu einem anderen Zeitpunkt oder (weil es die Psyche dieses Kindes nicht anders verpacken kann) viel mehr Anteile als das andere Kind.

Leider sind dort auch ausschließlich Seiten verlinkt, die wir nicht unbedingt für die beste Anlaufstelle halten, wenn man etwas übers multipel sein lernen möchte.
Für uns ein sehr fader Beigeschmack und wenn wir uns wieder beruhigt und die nötige Distanz geschaffen haben werden wir uns die Sendung dann auch noch angucken.
Aber egal wie, wir finden es mutig und stark, sich so öffentlich zu diesem Thema zu äußern und hoffen das es einen kleinen Teil zum Verständnis dessen, was es bedeutet multipel zu sein, beiträgt.